Die BAföG-Reform 2022: Alle Änderungen auf einen Blick

Die BAföG-Reform 2022: Alle Änderungen auf einen Blick

Zum bereits 27. Mal reformiert die Bundesregierung das BAföG. Dank weitreichender Verbesserungen sollen endlich wieder mehr Studierende von der staatlichen Unterstützung profitieren. Was sich zum kommenden Wintersemester konkret ändert, erfährst Du hier. 

Das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) hat in seiner mittlerweile über fünfzigjährigen Geschichte zahlreiche Änderungen und Reformen durchlaufen. An dem ursprünglichen Ziel – Chancengleichheit im Bildungswesen, auch und vor allem für einkommensschwächere Bevölkerungsschichten – hat sich indes nichts geändert. Doch die Zahl der tatsächlichen Zuwendungsempfänger hat in den vergangenen Jahren rapide abgenommen: Zuletzt bezog nur noch jeder neunte Studierende BAföG, bei Einführung der Ausbildungsunterstützung 1971 waren es mit 45 Prozent noch fast die Hälfte der deutschen Hochschüler.

Um dieser Entwicklung entgegenzusteuern hat der Bundestag am 23. Juni 2022 das nunmehr 27. Änderungsgesetz beschlossen. Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) verspricht sich „wieder mehr echte Teilhabe“, die jüngste Novellierung mache BAföG „attraktiver, moderner und flexibler“. Das Reformpaket beinhaltet u.a. höhere Bedarfssätze, höhere Freibeträge auf elterliche und eigene Einkommen, eine Anhebung der Altersgrenze sowie Vereinfachungen im digitalen Antragswesen. Schauen wir uns die zentralen Änderungen genauer an!

Wie hoch sind die Bedarfssätze beim BAföG?

Angesichts der aktuellen Inflationsrate hat die Bundesregierung gegenüber dem ursprünglichen Gesetzesentwurf noch einmal nachjustiert und hebt die Bedarfssätze um 5,75 Prozent. Der sogenannte Grundbedarf steigt somit von monatlich 427 auf 452 Euro. Parallel steigt die Wohnkostenpauschale von 325 auf 360 Euro pro Monat; wer noch bei den Eltern wohnt, bekommt anstatt 56 zukünftig 59 Euro. Hinzukommt eine Anpassung des Zuschlags zu den studentischen Versicherungsbeiträge. Der Förderungshöchstbetrag steigt somit insgesamt von maximal 861 auf 934 Euro im Monat.

Hat das Elterneinkommen einen Einfluss auf den BAföG-Bezug?

Das Einkommen der Eltern ist nicht nur eine entscheidende Voraussetzung für Bezug von BAföG, auch die Höhe der Förderung richtet sich abhängig von der individuellen Familienkonstellation unmittelbar nach dem elterlichen Nettoverdienst. Damit wieder mehr Menschen von der staatlichen Unterstützung profitieren, werden die entsprechenden Freibeträge um 20,75 Prozent angehoben.

Wie hoch ist der Vermögensfreibetrag beim BAföG?

Auch das eigene Vermögen ist im Bezug auf BAföG eine wichtige Größe. Wer bereits in jungen Jahren größere Summen anhäuft, musste bislang mit Abstrichen rechnen – oder verwirkte gar jeglichen Anspruch auf eine Förderung. Mit dem 27. Änderungsgesetz steigt der Vermögensfreibetrag nun deutlich: Statt bisher 8.200 dürfen junge Menschen fortan ein Vermögen von bis zu 15.000 Euro besitzen, ohne Abstriche befürchten zu müssen. Ab dem 30. Lebensjahr beträgt der Vermögensfreibetrag sogar 45.000 Euro. 

Gibt es eine Altersgrenze beim BAföG?

Auch die Altersgrenze erfährt im Zuge der Reform eine signifikante Anhebung. Bislang durften BAföG-Empfänger zu Beginn eines Bachelor-Studiums nicht älter als 29 sein, für den Master lag die Grenze bei 34 Jahren. Ab dem Wintersemester 2022/23 steigt das förderfähige Alter auf 45 Jahre, eine Anerkennung von auch später im Leben vollzogenen Bildungswegen.

Wie hoch sind die Verdienstgrenzen beim BAföG?

Miete, Semesterbeitrag, Lebenshaltungskosten: Entgegen der einstigen Absicht, Studierenden ein nebenarbeitsfreies Studium zu ermöglichen, lässt sich von BAföG allein kaum leben. Das belegen auch Erhebungen des Deutschen Studentenwerks, wonach 68 Prozent der Studierenden in Deutschland regelmäßig jobben. Mit dem Bezug von BAföG sind nur bestimmte Erwerbsformen vereinbar, denn der Gesetzgeber erachtet das Studium als Vollzeittätigkeit. 

Der studentische Zuverdienst ist deshalb, ähnlich wie das elterliche Einkommen, durch Freibeträge gedeckelt. Diese beziehen sich immer auf den Bewilligungszeitraum, i.d.R. zwölf Monate (zwei Semester). Entscheidend für die Höhe des Freibetrags ist zunächst das jeweilige Arbeitsverhältnis: So gelten unterschiedliche Verdienstgrenzen bei geringfügiger oder kurzfristiger Beschäftigung (Nebenjob, Minijob) und selbstständiger Tätigkeit. Der Freibetrag für Einkommen aus geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen wird analog zu der zum 01.10.2022 angehobenen Verdienstgrenze auf 520 Euro pro Monat angehoben. Der jährliche Freibetrag steigt somit auf 6.240 Euro.   

Auch Einkünfte aus Praktika, Kapitalvermögen, Unterhaltszahlungen von geschiedenen Ehepartnern oder der Bezug einer Waisenrente werden als Einkommen gewertet. Übungsleiter- und Ehrenamtspauschalen sind hingegen steuerfreie Einnahmen, auch Begabungs- und leistungsabhängige Stipendien bis zu 300 Euro monatlich sind von einer Anrechnung auf den Bedarfssatz ausgenommen!

Antragsstellung für das BAföG

Die deutsche Bürokratie ist notorisch resistent gegen Digitalisierungsprozesse. Auch das BAföG-Antragswesen war bisher umständlich, erforderte es doch eine physische Unterschrift oder obskure elektronische Verfahren zur Identitätsprüfung. Diese sogenannte „Schriftformerfordernis“ bei der Antragstellung fällt nun weg, eine Unterschrift ist nicht länger erforderlich.     

Wie ist die Rückzahlung beim BAföG geregelt?

Studierende erhalten BAföG-Leistungen zur Hälfte als Zuschuss und zur Hälfte als zinsloses staatliches Darlehen. Das bedeutet, dass 50 Prozent der erhaltenen Förderung später zurückgezahlt werden müssen, wobei die Gesamtsumme bei 10.000 Euro gedeckelt ist. Schon die vorherige, 26. Reform beinhaltete einen vollständigen Erlass der Restschulden nach 20 Jahren, allerdings nur auf Antrag. Diese Modalität ist nun gestrichen, der Schuldenerlass erfolgt nach Ablauf des Zeitraums fortan automatisch.

Die wesentlichen Änderungen der BAföF-Reform in der Übersicht

Die wesentlichen Änderungen der BAföG-Reform auf einen Blick: 

 

Bisherige Regelung

Ab 01. August 2022

Förderungshöchstbetrag

861 Euro

934 Euro

            Grundbedarf

            427 Euro

            452 Euro

            Wohnkostenpauschale

            325 Euro

            360 Euro

            Studentische   Kranken- u.             Pflegeversicherung    (KV/PV)

84 Euro (KV)
25 Euro (PV)

94 Euro (KV)
28 Euro (PV)

 

 

 

Vermögensfreibetrag

8.200 Euro

15.000 Euro,
ab 30 Jahren 45.000 Euro

Einkommensverdienstgrenze

5.421,84 Euro/Jahr
   451,82 Euro/Monat

6.240 Euro/Jahr
   520 Euro/Monat

Altersgrenze (bei Ausbildungsbeginn)

30 Jahre

45 Jahre

Aussicht

Das nun beschlossene 27. BAföG-Änderungsgesetz markiert indes nur den Auftakt eines umfassenderen Reformpakets. Laut Koalitionsvertrag soll BAföG weiter ausgebaut und mittelfristig „elternunabhängiger“ werden. Gelingen soll dies mithilfe zusätzlicher Instrumente wie einer einmalig gewährten Studienstarthilfe und der Kindergrundsicherung. Einen konkreten Zeitplan für diese Vorhaben hat die Bundesregierung bislang nicht vorgelegt. 

Bis sich von BAföG tatsächlich leben lässt, wird wohl noch einige Zeit ins Land gehen. In der Zwischenzeit findest Du in unserem Jobportal jede Menge attraktiver Stellenangebote in Deiner Region!